Begräbnis- und Gedenkstätten

Was heißt Begräbnis- und Gedenkkultur?
Begräbnis bedeutet das Einbringen oder das Eingraben des Leichnams in die Erde. Es sind regional auch andere Bezeichnungen für die Bestattung üblich. Die ersten vermutlich bewusst vorgenommenen Bestattungen stammen aus den Höhlen von Qafzeh und Skhul in Israel und sind 90.000 bis 120.000 Jahre alt. Gelegentliche Bestattungen werden auch für den Neandertaler ab ca. 70.000 vor unserer Zeitrechnung diskutiert.

Die Bestattung erfolgt typischerweise in würdiger Form. Angehörige von christlichen Religionsgemeinschaften werden nach ihrem Tode üblicherweise auf Friedhöfen im Rahmen eines Aussegnungsgottesdienstes, einer Begräbnisfeier oder einer kurzen Andacht beigesetzt. Sargbestattung des Leichnams erfolgt typischerweise in der Erde eines Friedhofs oder einer dementsprechenden vorbereiteten Fläche. Die Bestattung erfolgt dabei als Einzelgrab, als Wahlgrab oder in Reihenfolge als Reihengrab in jeweils gesonderten Stätten oder als Gemeinschaftsgrab, üblicherweise bei Familien, indem mehrere Bestattungsfälle über einen längeren Zeitraum an derselben Stelle erfolgen.

In Krisenzeiten geschehen Bestattungen notfalls in einem Massengrab, hierbei ist keinerlei Trennung der Bestattungsfälle gegeben. Regional oder vom Kulturkreis bedingt oder für besonders würdige Bestattungen wird der Sarg in einem ummauerten Grab (sog. Gruft) oder im Mausoleum eingestellt..

Gedenkstätten
Als Gedenkstätte bezeichnet man einen Ort mit starkem Bezug zu wichtigen - ob positiv oder negativ eingestuften - historischen Ereignissen oder Personen, der mitunter gärtnerisch umgestaltet und baulich mit Denkmälern oder Mahnmalen versehen sein kann.

Kleine Gedenkstätten bestehen manchmal nur aus einer Gedenktafel, an große sind häufig Museen angeschlossen. Gedenkstätten sind teilweise auch als Parks (memorial parks) angelegt.

Die folgenden Seiten und Bilder zeigen verschiedene Beispiele im Schaumburger Land.

Einführung in das Thema Begräbnis- und Gedenkkultur
von Dr. Roswitha Sommer

Kirchenbestattung

In den Kirchen bestattet zu werden, galt als ein nur hochgestellten Persönlichkeiten gewährtes Privileg. Die Entfernung der letzten Ruhestätte zum Altar spiegelte die städtische Hierarchie wider. Dieses Phänomen setzte sich auch außerhalb der Kirchen fort.

Kirchhöfe

Wem innen kein Platz zustand, der suchte entlang der Außenmauern der Kirchen die Reliquiennähe. Davon zeugt die ursprünglich runde Form der Kirchhöfe, die nur noch an der Einfriedung ablesbar ist. Angesichts wachsender Bevölkerung und enger Bebauung gab es für städtische Kirchhöfe kaum Erweiterungsmöglichkeiten. Es herrschte eine derart drangvolle Enge, dass für die Aufbewahrung der beim Ausheben eines neuen Grabes geborgenen Knochen sog. Beinhäuser errichtet wurden. In Stadthagen befinden sich Reste der Reliefplatten, die einst das Beinhaus schmückten. Der runde Kirchhof in Steinhude wurde 1804 nach dem Kirchenneubau

Hattendorf mit Kirchhof 1774

eingeebnet. Aus Platznot ereilten die Kirchenhöfe in Rodenberg 1808 und Meerbeck 1815 das gleiche Schicksal. Die Nachnutzung der aufgegebenen Friedhöfe ist recht unterschiedlich. Auf dem 1812 angelegten Westerntorfriedhof der St. Martini-Gemeinde in Stadthagen, der seit über 120 Jahren nicht mehr belegt wird, und auf dem 1892 aufgegebenen Jetenburger Friedhof in Bückeburg befinden sich nur noch einige wenige Grabsteine. Die Anlagen haben parkartigen Charakter und besitzen noch teilweise einen wertvollen Baumbestand. Dagegen ist der bis 1772 belegte Kirchhof an der Bückeburger Stadtkirche heute ein Parkplatz. Als 1823 der Kirchhof an der Stiftskirche zu Fischbeck überfüllt war, ließ das Stift einen neuen Totenhof anlegen. Heute erinnern zwei alte, einen steinernen Altar überwölbende Bäume und die Gräber von Äbtissinnen und Stiftsdamen an diese Anlage. Auf Grund der nicht befristeten Liegezeiten ist dies ein seltenes Zeugnis der Grabmalkultur.

Kathrinhagen mit Kirchhof 1773

Mausoleen

Der Begriff Mausoleum ist im Laufe des 19. Jahrhunderts üblich geworden. Vorher sprach man von Grabkapelle, Gruft, Grabmonument oder einfach schlicht von Begräbnis. Ein Mausoleum ist ein in Form eines Bauwerkes ausgeführtes, in der Regel freistehendes Grabmal. Im Schaumburger Land haben vier Landesherren Mausoleen gebaut oder geplant. Auch adelige und bürgerliche Familien verliehen ihrem Repräsentationswillen dadurch Ausdruck. Besonders reich an kleinen, individuell gestalteten Mausoleen ist der 1785 in Gebrauch genommene Friedhof vor dem Seetor in Rinteln.

Grabsteine und Kreuze

An hochrangige Persönlichkeiten erinnern große aus Sandstein gefertigte Bildnis- und Wappensteine. Häufig sind sie aus dem Chorraum der Kirchen entfernt und an deren Außenwand aufgestellt, leider aber auch zur Befestigung von Wegen verwendet worden. So erhielten 15 Grabsteine 1895 an der Stadtkirche zu Bückeburg einen neuen Platz, und der Grabstein für Wulbrandis van dem Hus († 1403), der einst in der Stiftskirche zu Obernkirchen stand, liegt heute im Steinpfad, der über den Kirchhof führt. Dagegen haben die Grabsteine an der Außenwand der Marktkirche zu Rinteln schon 1775 nach Aufgabe des Kirchhofes hier ihren Platz gefunden.

Einführung in das Thema Gedenkkultur

Das Gedenken setzt das Erinnern voraus, das fest mit dem Menschsein verbunden ist. Es äußert sich in dem Bedürfnis, Denkmale zu bauen, Gedenktage einzurichten und Gedenktafeln anzubringen, um die Erinnerung an historische Begebenheiten wach zu halten oder auf einzelne Persönlichkeiten aufmerksam zu machen, deren besondere Verdienste es zu würdigen gilt. Den Anlass für das Gedenken bildet vor allem der zu beklagende Verlust. Die Erinnerungskultur ist Teil der christlichen Gedenkkultur. Sie schließt die Bestattungskultur mit ein.

Steinkreuze, Scheibenkreuze, Kreuzsteine

Es handelt sich hier um frühchristliche Symbole, deren Anlass meistens im Dunklen liegt. Häufig werden menschliche Untaten (Mord- und Totschlag) vermutet, daher auch der häufig benutzte Begriff „Mordkreuz“. Zur Erklärung im Einzelnen:

= Kreuzsteine sind solche, bei denen ein Kreuz aus einem Stein geschlagen wurde.

= Steinkreuze sind solche, bei denen in einen Stein ein Kreuz geschlagen wurde.

= Scheibenkreuze sind rund gehaltene Steine, darin meisten ein Kreuz.

Kreuzungsreliefs

Insbesondere an den Außenwänden der Kirchen gibt es eine Vielzahl an Kreuzigungsdarstellungen aus dem Spätmittelalter, aber auch aus der Zeit nach Einführung der Reformation im Jahre 1560. Auftraggeber waren in der Regel hochgestellte Persönlichkeiten, die als Stifter hervortraten und mit einem solchen Relief für sich und ihre Familien eine privilegierte Stellung Ausdruck verliehen.

Ort mit Kirchhof Probsth. 1747

Epitaphien

Ein Epitaph ist eine an Kirchenwänden oder -pfeilern angebrachte Gedenktafel, die an die fromme Tat eines Stifters oder einen Verstorbenen erinnert. Sandsteinplatten oder Ölgemälde umgeben von prunkvoll gestalteten Holzrahmen zeugen nicht nur von Ruhm und Wohlstand, sondern auch von Frömmigkeit. Die Bildnisse sind in eine religiöse Szene eingebunden.

Jüdische Friedhöfe

In Schaumburg sind seit Ende des 16. Jahrhunderts Juden bezeugt. Die ersten Begräbnisstätten lagen in dieser Zeit in Stadthagen auf dem Wall und in Rinteln wohl vor dem östlichen Stadttor. In der Nähe der Synagogen-Orte Bückeburg, Frille, Obernkirchen, Rinteln, Rodenberg, Sachsenhagen und Stadthagen sowie im Hohen Holz zwischen Hagenburg und Steinhude erwarben jüdische Gemeinden Grund und Boden für die Anlage von Friedhöfen. Ihre Anfänge sind selten überliefert. Genaue Daten liefern die Anträge auf Erweiterung der Begräbnisplätze: 1793 im Hohen Holz und in Bückeburg am Harrl mit heute 176 Grabsteinen, 1822 in Stadthagen vor dem Westerntor, 1823 in Obernkirchen, 1830 am Osthang des Rodenberges an der Kilianskammer, 1835 in Sachsenhagen an den Dühlholzgärten und 1856 am Friller Brink mit heute 43 Steinen. Jüdische Friedhöfe sind die Orte der ewigen ungestörten Ruhe; denn die Gräber sind für die Ewigkeit bestimmt. Die Grabsteine sind seit Mitte des 19. Jahrhunderts auf der Vorderseite hebräisch und, das ist neu, auf der Rückseite deutsch beschriftet. Die Inschriften überliefern nicht nur Namen und Lebensdaten, sondern beschreiben auch das Wesen, die Lebensart und die Familie des Verstorbenen. Da jüdische Friedhöfe nicht aufgegeben werden, zeugen die Grabsteine in ihrer Gesamtheit in einzigartiger Weise von der Geschichte einer Gemeinde und ihrer Mitglieder.

Die jüdischen Friedhöfe Schaumburgs

Ein Überblick von Oliver Glissmann

Schon um 1600 sind aus einigen Ortschaften im heutigen Landkreis Schaumburg jüdische Begräbnisstätten belegt, wobei auch in dieser Gegend den Juden der Erwerb von Land zur Beerdigung ihrer Toten erschwert wurde. Nach Möglichkeit grenzte man dabei ihre Grabanlagen aus dem städtischen Umfeld aus und wies ihnen wirtschaftlich kaum brauchbares Areal zu. So überrascht es nicht, daß die drei ältesten urkundlich belegbaren Friedhöfe in Stadthagen, Rinteln und Hessisch Oldendorf unmittelbar am Stadtwall lagen. Weitere Grabstätten wie in Rodenberg, Obernkirchen und Bückeburg befinden sich noch weiter außerhalb an bewaldeten steil gelegenen Hängen. Eine Außnahme sind die später angelegten in Lauenau und Hattendorf und der in einer Gartenkolonie gelegene Friedhof in Sachsenhagen, dessen ausgegrenzte Lage kaum noch zu erkennen ist, und der durch die urbane Entwicklung, wie die Anlagen in Rodenberg und Stadthagen, vollständig innerhalb der Stadtgrenzen aufging.

Die Zuweisung zugunsten nutzbarem und unnutzbarem Land hängt gerade bei den jüngeren von der Zeit ihrer Eröffnung ab, die in eine Phase der jüdischen Emanzipation und gleichzeitigen Assimilation fällt. So liegt der Friedhof in Hessisch Oldendorf gegenüber dem christlichen, wird aber durch eine steinerne Umfriedung deutlich von diesem abgeschieden. Nicht nur die damaligen Verwaltungsorgane verordneten eine entsprechende Umzäunung, die sich vorwiegend aus Hecken zusammensetzte, sondern die Halachah des jüdischen Friedhofes selbst fordert diese, um ihn gegen Schändung abzusichern und die „ewige" Ruhe zu gewährleisten.

Zumeist sind die Gräber in Ost-West Richtung angelegt, wobei natürlich die geographische Gegebenheit des Grundstückes ausschlaggebend ist. Dabei wird der Stein zu Häupten gesetzt, an dem sich wiederum die Akkulturation besonders am Ornament bemerkbar macht, welches sich schon im Barock dem christlichen Formenkanon annähert und von diesem im Klassizismus fast vollends bis in das gesamte 19. Jahrhundert hinein durchdrungen wird. Konkurrierend zur lange vorherrschenden schlichten Stele setzte man nun häufig, wie in Bückeburg und Stadthagen, den Obelisk. Neben den typisch jüdischen Symbolen tauchen vermehrt allgemeine auf, wie der Lorbeerkranz oder Sonnen- und Sternensymbole in Rodenberg, sowie steinerner Blumen- und Urnenschmuck in Rinteln. Das in unserer Zeit für das Judentum bekannteste Symbol, der Davidstern, begegnet uns auf Grabsteinen in Schaumburg verstärkt am Anfang des 20. Jahrhunderts. Gehauen wurden die Steine hauptsächlich aus einheimischem Sandstein, während um 1900 schwarzer Granit und Glaseinlagen hinzukamen, die die traditionellen Formen ablösten. Neben dem unterschiedlich verwitterten Sandstein sind es gerade die eingelassenen Inschriftenplatten, an denen größere Schäden zu beobachten sind.

Vermerken die älteren massiven Stelen nur die hebräische Schrift, die sich an bestimmte Lobpreisformeln hält, erscheinen im Laufe des 19. Jahrhunderts auf der Rückseite deutsche Inschriften, die zunehmend unter das Hebräische wandern und es folgend fast vollständig verdrängen. Ein Vorgang, der in den Reihen der Orthodoxie auf Widerstand stieß, da die allgemeine Zeitrechnung an die Geburt des christlichen Messias erinnert. Auch der Lobpreis unterlag einer teilweisen Verdrängung, wurde aber an einigen Steinen, wie in Bückeburg, Rodenberg und Sachsenhagen, in kürzerer Form in das Deutsche übernommen.

Da jüdische Friedhöfe für die „ewige" Ruhe auf Dauer angekauft und errichtet werden, verbietet sich von vornherein eine Beseitigung von Grabsteinen oder sogar eine Auflösung der Anlage. Folglich sind sie in unserem öffentlichen Umfeld neben wenigen baulichen Resten (Synagogen) die einzigen sichtbaren Zeugnisse jüdischen Lebens im ländlich geprägten Schaumburg. Der aufmerksame Besucher liest auf den unterschiedlichen Anlagen immer wiederkehrende Namen, die von der engen Verwandtschaft der jüdischen Bevölkerung des Landkreises erzählen. Desweiteren kann man eine tiefe Religiosität, eine feste Verwurzelung im Glauben, aber auch die entgegengesetzte Tendenz feststellen. Zudem läßt das mehr oder weniger aufwendige Material und dessen reiche Ausgestaltung auf eine hohe oder niedere soziale Stellung der Begrabenen schließen. Darüber hinaus sind die Friedhöfe nicht nur ein Zeugnis für die jüdische Geschichte Schaumburgs, sondern eine erstrangige Quelle für die Sepulkralkultur, da sie ununterbrochen, bis in das 17. Jahrhundert hinein, deren stilistische Vielfalt und künstlerische Entwicklung wiedergeben.

Der interessierte Besucher sollte die Friedhöfe, wie alle Grabanlagen, mit der gebührenden Achtung betreten, da sie nicht nur Kulturdenkmal sind sondern einige auch weiterhin als Ruhestätte dienen. Dabei ist zu beachten, daß man am Sabbat (Samstag) oder den jüdischen Feiertagen keine Friedhöfe aufsuchen sollte und Männer ab dem dreizehnten Lebensjahr eine Kopfbedeckung tragen.

Totengarten Schloss Baum



Literatur:

HÖING, Hubert (Hrsg.),Träume vom Paradies : historische Parks und Gärten in Schaumburg, Melle : Knoth, 1999. - XI, 395 S. : Ill., graph. Darst., Tab. (Schaumburger Studien ; 58) ISBN 3-88368-306-X, Helge Bei der Wieden: Vom Kirchhof zum Gräberfeld - Der Traum von der ewigen Ruhe?



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